14. Januar 2018

Der Anspruch des Predigers

Passage: 1 Korinther 2, 1-10
Dienstart:

Liebe Gemeinde!
In unserem Bibelwort, über das wir heute gemeinsam nachdenken, geht es um die Predigt.
Sie werden sich jetzt fragen: Was soll ein Prediger über die Predigt predigen? Es klingt schon etwas merkwürdig.
Die Predigt ist der Hauptteil des evangelischen Gottesdienstes.
Hier im 1.Korintherbrief stellt sich Paulus mit seinen eigenen Worten vor.

Dazu gibt es eine alte Geschichte, die zu unserem Thema paßt.
Eine Gemeinde suchte einen neuen Pfarrer. Das Presbyterium war sehr kritisch und anspruchsvoll und hatte so seine Vorstellungen, wie der neue Pfarrer sein sollte. So wurden schon einige Bewerber abgelehnt:
Der eine predigte nicht gut genug, der andere besaß nicht die erforderliche Würde im Auftreten, der dritte hatte eine zu eigenwillige Theologie ...
Der Vorsitzende war verzweifelt. Und als wieder einmal ein Bewerber keine Gnade vor den strengen Augen des Gremiums gefunden hatte, meinte er: da habe ich hier nur noch eine Bewerbung, aber die klingt auch nicht sehr vertrauenerweckend.
Der Mann schreibt:
Leider bin ich nicht gesund, meine Krankheit hat mir in der Gemeindearbeit schon manches Mal ernstlich zu schaffen gemacht. Trotz meiner reichen Erfahrung habe ich es nie lange in einer Gemeinde ausgehalten; einmal seien es immerhin drei Jahre gewesen. Ich habe auch immer wieder Streit mit Amtskollegen und innerkirchlichen Gruppen bekommen. Organisation ist auch nicht meine Stärke, auch nicht mein Gedächtnis, ich habe schon mehrfach vergessen, wen ich getauft habe.
Trotzdem glaube ich, ich bin ein guter Theologe und Prediger, und ich glaube auch den Heiligen Geist zu haben. Und wenn diese Gemeinde es mit mir versuchen wolle, dann will ich ihr dienen, so gut ich kann.
Das Presbyterium war in seltener Einmütigkeit hell empört. Wie kann ein so kränklicher, offenkundig streitsüchtiger und gedächtnisschwacher Mann es wagen, sich hier zu bewerben! - Man war sich einig, ihn gar nicht erst zur Vorstellung und zur Probe-Predigt einzuladen.
Der Vorsitzende schloß mit einem tiefen Seufzer die Akten. “Ich habe mir das schon so gedacht” meinte er. “Aber sie sollen doch wenigstens den Namen dieses Bewerbers erfahren. Es ist nämlich der Apostel Paulus.”
So weit diese Geschichte.

Paulus sagt hier in 1 Kor 2,1-10, worauf es nach seiner Erfahrung ankommt.
Es sind nicht die hohen Worte, die perfekte Theologie, die glänzende Rhetorik und Gliederung, sondern bei der Verkündigung geht es um mehr:
Es ist der Anspruch und auch die Demut, dass er weiß, was von Gott her zu sagen ist.
Der Prediger ist da auch oft Hörer seiner eigenen Predigt, weil er ja auch nur ein Mensch ist.
Natürlich muß die Theologie stimmen, aber sie darf nicht alles bestimmen.
Das Wichtige an der Predigt ist nicht eine anspruchsvolle Philosophie oder Theologie, sondern das einfache, klar verständliche Evangelium von Jesus Christus, den gekreuzigten und Auferstandenen und seine Zusagen, die er gab. Und das ist immer wieder neu und im Kontext unserer Zeit zur Sprache zu bringen.
Das ist der Anspruch an die Predigt.
Hier stellt sich manchmal für uns als Prediger die Frage, ob wir selbst Gnade finden vor den Augen und Ohren der Gemeinden.
Und auch darauf kommt es nicht an.
Wesentlich ist, ob wir Gnade finden vor Gottes Angesicht und vor seinen Ohren, wenn wir sein Wort verkündigen und auslegen.
Es gibt Prediger, von denen man sagt, dass sie aus Vollmacht predigen.
Diese Vollmacht kommt aber nicht von Menschen, auch nicht von Vorgesetzten oder von der Gemeinde, sondern diese Vollmacht bekommen wir nur von Gott selbst.
Manchmal haben wir auch etwas zu sagen, was den Zuhörern gar nicht passt.
Denn die Botschaft des Evangeliums, und was der Pfarrer auf der Kanzel zu sagen hat, kann nicht demokratisch beschlossen und bestimmt werden, wohl aber diskutiert und gemeinsam um die Wahrheit gerungen werden.
Aus Vollmacht predigen, das bemisst sich nicht nach menschlichen Maßstäben; es unterliegt allein dem Wort Gottes.
Vollmacht in der Verkündigung ist etwas anderes als Vollmacht in unserem alltäglichen Sinn.
Wer Geschäfts-Vollmacht hat, der ist zu weltlichen Geschäften befugt. Hier geht es um andere Dinge.
Wem Gott die Vollmacht gibt, sein Wort weiterzusagen, der muss andere Qualitäten haben.
Es sind solche, die vor Gott zählen.
Dazu gehört vor allem, dass wir unser Leben ganz unter seine Herrschaft stellen und ständig hinhören auf den Hl.Geist, der uns Gottes Gedanken mitteilen will.
Paulus war solch ein Mensch. Zunächst hatte er sich daran gemacht, die christliche Gemeinde zu verfolgen; er wollte sie ausrotten.
Er tat dies leidenschaftlich und in ehrlicher Überzeugung, dass es im Sinne Gottes sei.
Er hat sich dann bekehren lassen und war dann ein leidenschaftlicher Prediger des Evangeliums und ein Gründer vieler Gemeinden.
Gott gebraucht seinen Charakter und sein Temperament aber dann für seine Ziele.
Paulus hat zeitlebens unter seiner Krankheit und Behinderung gelitten. Er spricht von einem Pfahl im Fleisch, wir wissen aber nicht, unter welcher Krankheit er wirklich gelitten hat. Und er hat schwer daran getragen, dass er nicht so einsatzfähig war, wie er es gerne gewesen wäre, und wie es sein Auftrag wohl erfordert hätte.
Daneben machte ihm seine Unsicherheit zu schaffen: Wie sage ich das Wort so, dass es ankommt?
Wie bezeuge ich nun das, was ich selbst erlebt habe, die Kraft des gekreuzigten und auferstandenen Christus, so glaubwürdig, dass meine Hörer davon ergriffen werden?
Nicht mit überredenden Worten menschlicher Klugheit hat er gepredigt, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, d.h. dass durch seine Predigt der Heilige Geist und die Kraft Gottes spürbar wurde. So bekennt er es selbst.
Es geht ihm um die Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist.
Was hat dies alles nun zu tun mit unserem Alltag?
Unser Text ist ja nicht nur an die Pfarrer und die berufenen Prediger gerichtet. Dann wäre er uns nicht als Grundlage der Predigt in der Gemeinde vorgegeben, sondern er stünde nur auf dem Lehr- und Fortbildungsprogramm für Pfarrer.
Dieses Wort ist an die ganze Gemeinde gerichtet, an alle, die sich zu ihm bekennen und mit Ernst Christen sein wollen.
Wenn wir in unserem Alltag gefordert sind oder die Gelegenheit haben, Zeugnis abzulegen von unserem Glauben, dann braucht es dazu keine großartige Theologie oder Redegewandtheit, kein superschlaues Gedächtnis...
sondern nur die klare Überzeugung von dem, was wir glauben.
Dazu gehört auch, dass wir uns leiten lassen von Gottes Geist, dass wir unsere Scheu überwinden und offen aussprechen, was wir glauben und woher wir unsere Kraft für unser tägliches Leben empfangen.
Das ist manchmal schon schwer genug, aber das kann man auch einüben.
Paulus hat es erfahren.
Er hat darüber nachgedacht und seine Erfahrungen weiter gegeben. Damit ist er zum ersten großen Theologen der Christenheit geworden.
Seine Theologie besteht nicht in großen Gedanken-Konstruktionen, sondern darin, dass er uns Gottes Wirken vor Augen führt und uns dabei die Zusammenhänge zwischen Gottes Macht und unserem Leben aufweist.
und es ist ja auch nicht Menschenweisheit, die wir da verkündigen, sondern, wie es Pls selbst sagt:
Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat... das hat uns Gott geoffenbart durch seinen Geist.
Das im eigenen Leben zu erfahren, das macht reich und stillt unseren Durst nach erfülltem Leben und Sinn.
Und diese Erfahrung wünsche ich uns allen jeden Tag aufs neue.
Darum beten wir auch um Mut und bitten wir Gott, dass er uns mit seinem Geist erfüllt, dass wir nicht aufhören, ihn in unserer Welt zu bekennen, damit viele Gottes Geist spüren, seine Nähe und Kraft erleben und zu lebendigem Glauben finden. Amen.

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