5. März 2017

Invocavit!

Serie:
Passage: Psalm 91,15
Dienstart:

Liebe Brüder und Schwestern,

 

heute ist es wieder einmal soweit. Wir feiern die Taufe von fünf jungen Männern, die aus Afghanistan, dem Iran und dem Irak zu uns gekommen sind. Anders als beim letzten Mal, sind es diesmal Menschen, die vorher noch wenig Berührungspunkte mit dem Christentum hatten, es erst im Laufe ihrer Flucht kennen- und vor allem schätzen lernten.

 

Es sind Männer, die ihre Heilige Schrift lesen und verstehen wollen und dies nun können, weil sie sie erstmals in ihrem Leben in ihrer eigenen Landessprache lesen können.

Es sind Männer, die zu ihrem Gott in ihrer Sprache beten wollen und nicht in einer, die sie nicht verstehen.

Es sind Männer, die im Studium der Heiligen Schrift Ruhe, Zufriedenheit und Antworten auf ihre Fragen finden.

Es sind Männer, die einen Gott suchen, der nicht straft, sondern barmherzig ist.

Es sind Männer, die es satt haben, dass im Namen Gottes so viel Ungerechtigkeit passiert.

Es sind Männer, die eine Religion gefunden haben, in der Liebe im Vordergrund steht.

Es sind Männer, deren Herz für den neuen Glauben brennt. Das merkt man an ihrem Interesse, an ihren Fragen, an ihrem Forschen in der Schrift.

 

Die Vorbereitung auf die Taufe erfolgte in der Sonntagsschule, die es jeden Sonntag nach dem Gottesdienst gibt. Hier haben wir auch Menschen im Kurs, die noch nicht bereit sind, sich taufen zu lassen, die aber mehr über unseren Glauben wissen wollen.

 

Von unseren Täuflingen haben wir ein Motivationsschreiben verlangt. Wir wollten wissen, aus welchen Gründen sie Christen werden wollen.

 

Einmal im Monat kommt ein Farsi-sprechender Religionslehrer aus Oberösterreich zu uns, der von der Evangelischen Kirche Österreich für genau solche Situationen eingestellt wurde. Hat er anfangs nur und erfahrungsgemäß 2–3 Stunden eingeplant, so übernachtet er mittlerweile regelmäßig bei einem unserer neuen Gemeindeglieder, weil sie alle so viele Fragen haben und er das brennende Interesse von ihnen spürt und es befriedigen will. Das hat den großen Vorteil, dass die Fragen, die wegen der Sprachbarriere von uns nicht beantwortet werden können, hier einen guten Raum haben.

 

Unsere heutigen Täuflinge wurden auch geprüft. Jeder bekam 7 Fragen. 3 waren dabei immer gleich: Glaubensbekenntnis, VU und die 10 Gebote. Die restlichen 4 Fragen drehten sich um den Inhalt der Mappe des Taufvorbereitungskurses, wie er von unserer Kirche angeboten wird. Es geht dabei um Themen wie die Bibel, wer Jesus oder wer der Heilige Geist ist etc. Also etwas, das die älteren Semester noch aus ihrer Konfizeit kennen, haben wir wiederbelebt. Jeder hatte sieben Fragen zu beantworten, die von allen sehr gut oder zumindest gut beantwortet wurden.

 

Schließlich haben sie sich aus freien Stücken dazu entschlossen, den dreieinigen Gott als ihren Herrn anzunehmen. Und das werden sie gleich auch noch vor uns bestätigen.

 

Wir können also guten Gewissens sagen: Sie wollen es wirklich! Daraufhin haben sie sich ihre Taufsprüche und ihren Taufnamen ausgesucht. Und man glaubt es nicht, wie tiefgründig diese Sprüche sind und wie passgenau sie zum Leben dieser Männer passen.

 

Und sie passen als aneinander gereihte Geschichte gut zum heutigen Sonntag Invokavit. Die Bezeichnung des Sonntags stammt vom ersten Wort des Ps 91,15 und bedeutet auf deutsch: Er ruft mich an. Das beschreibt die Situation dieser Männer sehr gut.

 

Denn, im Taufspruch von A. (Benjamin) Mt 5,6 lesen wir „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ Diejenigen, die also Gerechtigkeit suchen, werden satt und somit zufrieden werden. Gerechtigkeit meint hier das Ineinklangsein von mir als Menschen mit meinem Herrn Jesus. Nicht, dass ich so werden und leben muss, wie Jesus. Es bedeutet, dass ich mir an seinem Leben und seiner Lebensgestaltung ein Beispiel nehmen soll. Dann werde ich satt sein, zufrieden sein. Und das bedeutet ganz konkret: ich werde Frieden im Herzen haben.

 

Durch die Taufe nimmt der Heilige Geist Wohnung in uns. Er verändert uns, er verändert unser Herz. Und da passt der Taufspruch von M. (Alexander) aus Hes 36,26, der heurigen Jahreslosung, gut: „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“ Wende ich mich dem Herrn zu, so werde ich also ein Herz bekommen, wie es Gott hat: Ein barmherziges.

 

Wie bekommt man ein solches Herz? Einerseits natürlich durch die Taufe. Aber das kann man auch wieder verlieren. Daher ist es wichtig, sich immer wieder neu aufrichten zu lassen, sich im wahrsten Sinne des Wortes inspirierenzu lassen. Und das tut man am besten, indem man die Gemeinschaft der Glaubenden sucht und das Wort Gottes hört, denn, wie heißt es im Taufspruch von G. (Paul), zu finden in Joh 1,1 „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

 

Als Getaufte wohnt also der Heilige Geist in uns. Durch das Hören und auch Lesen des Wortes können wir unser Herz immer wieder neu ausrichten und gegen Irrungen und Wirkungen des Lebens sichern. Wir sind somit Kinder Gottes, daher nennen wir uns ja auch Geschwister, haben wir doch alle den gleichen Vater, der uns zu seinen Kindern gemacht hat. Oder wie wir es im Taufspruch von A., Markus in Mk 1,11 lesen: „Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Das sagte Gott zwar zu Jesus bei der Taufe, doch diese Zusage gilt uns allen. Der Herr nennt uns seinen Sohn, seine Tochter. Wenn das nicht die ultimative Zusage ist? Der, der wirklich alles geschaffen hat, nennt mich seinen Sohn, nennt sie seine Tochter!

 

Doch was bringt uns das, wenn wir von Gott Sohn oder Tochter genannt werden. Nun, dazu befragen wir den Taufspruch von M. (Elias), 1Mo 28,15a: „Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst.“ Der Herr ist also mit uns. Alle Tage und überall. Wenn das nicht großartig ist. Und wenn das nicht die Absicherung gegen Probleme, Sorgen und Ängste ist.

 

Invokavit: Er ruft mich an. Gott ruft nach uns. Wir müssen nur antworten, ihn annehmen, sein Wort hören. Dann bekommen wir ein neues Herz, werden seine Kinder und er wird uns schützen. Und so hat er auch diese fünf jungen Männer angerufen, die ich ihnen nun vorstellen darf, in der Reihenfolge, wie die eben präsentierten Taufsprüche:

 

  1. aus dem Iran, Benjamin, Mt 5,6

Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

 

  1. aus dem Iran, Alexander, Hes 36,26

Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.

 

  1. aus dem Iran, Paul, Joh 1,1

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

 

A., Markus aus Afghanistan, Mk 1,11

Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.

 

  1. aus dem Irak, Elias, 1Mo 28,15a

Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst.

 

 

Liebe Brüder und Schwestern. Ich bitte Euch, nehmt diese, unsere neuen Geschwister in Eure Mitte auf. Helft ihnen, ihr Christentum zu leben. Denn es gibt für sie noch vieles zu erlernen, zuvorderst natürlich auch die verschiedenen Bräuche und Feste. Und habt bitte Geduld. Vieles ist für sie sehr fremd und wegen der Sprachbarriere nicht leicht erklärbar. Aber sie bemühen sich redlichst. Tun wir es ihnen gleich!

Denn wir alle können davon profitieren. Wir alle zusammen sollten dabei eines nicht übersehen: Diese Männer und auch unsere bereits im September getauften Geschwister sind nicht nur eine Bereicherung für uns, sondern sie sind auch ein Vorbild. Denn den Eifer und die Freude am für sie neuen Glauben … den findet man unter Österreichern nämlich nur mehr selten.

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