22. September 2019

Predigt über die Heilung des Gelähmten – vom Netzwerken

Passage: Markus 2,1-12
Dienstart:

Predigt von Pfarrer Eberhardt am 22.9.2019 Mk 2,1-12

Liebe Gemeinde!

Wir haben ein großes Festwochenende hinter uns, das uns in mehrfacher Weise neue Perspektiven aufgezeigt hat und uns nach vorne blicken ließ.
Am letzten Samstag hatten wir den Startup-Tag unserer MitarbeiterInnen mit dem Rektor des Werkes für Evangelisation und Gemeindeaufbau, Fritz Neubacher.
Unter anderem führte er uns vor Augen, dass die Entwicklung der evang. Gemeinde auf 4 Säulen steht:
Gottesdienste, bei denen man dann sagen kann: Das gibt mir was.
Elementare Glaubensinformation, denn immer mehr Menschen wissen von christl. Glauben immer weniger
Öffentliche Wahrnehmung – in den gesellschaftlichen Medien
Netzwerken: Kommunikation der Gemeindeglieder untereinander.

Meiner Predigt zur Amtseinführung letzten Sonntag legte ich das Wort am Beginn der Bergpredigt zugrunde, wo Mt. berichtet: Jesus lehrte in den Synagogen, predigte das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Gebrechen im Volk.
Es kristallisiert sich ein neuer Schwerpunkt für das neue Arbeitsjahr heraus, den wir als Gemeinde weiter ausbauen und verbessern wollen: das Netzwerken.
Damit ist gemeint, dass wir untereinander mehr in Beziehung treten und unsere Mitmenschen in ihrer eigenen Lebenswelt abholen wollen.
Das hat auch mit Vernetzung zu tun, denn Gott hat jedem von uns ganz unterschiedliche Gaben und Fähigkeiten gegeben. Und wenn hier Vernetzung geschieht, ist das ein ungeheuer großer Reichtum für unsere Gemeinschaft.

Im Eindruck dieser Impulse aus dem letzten Wochenende möchte ich den 3. Schwerpunkt, der Jesus so wichtig war, heute nähe beleuchten: „er heilte alle Krankheiten und Gebrechen im Volk“ – und habe ich für die heutige Predigt die Heilung des Gelähmten gewählt.

Ich lese aus Mk 2,1-12
Eine beeindruckende Geschichte, das fällt uns schon beim ersten Hören und Lesen auf. Man versucht sich gleich bildlich vorzustellen, wie diese Geschichte abgelaufen ist.

Da ist ein Gelähmter.
Er ist krank.
Nicht fähig, für sich selbst Hilfe zu suchen
Er kommt keinen Schritt weiter
Er liegt am Boden, kommt nicht auf, ist verbraucht.
Möglicherweise ist er an irgendwas zerbrochen.

Dieser Zustand des Gelähmten kann nicht nur körperlich interpretiert werden. Es gibt auch psychische Lähmungen:
Burnout, Depressionen, Überforderungen, Existenznöte, Probleme mit Partnern oder Kindern.

Oft ist es nicht möglich einfach zu sagen: Hol dir halt Hilfe, geh zur Caritas oder zur Diakonie.
Oft geht auch das nicht mehr.

Der Gelähmte wird von Vieren getragen.
Einer allein schafft das nicht, um ihn dorthin zu bringen, wo ihm geholfen werden kann, wo er heil werden kann. Einer sieht vielleicht die Not, ist aber allein überfordert. Er braucht Hilfe.
Der Gelähmte muss von mehreren Seiten getragen werden.
d.h. der Gelähmte braucht ein Netzwerk der Hilfe.
Zuerst ist er dort abzuholen, wo er liegt.
Man kann auch nicht sagen: Komm her, dann helfen wir dir.
Der geistliche Beistand des Pfarrers reicht hier auch nicht aus. Er sieht vielleicht die Not als erster, kann es aber nicht allein.
Der Gelähmte braucht auch soziale Hilfe, vielleicht auch finanzielle Hilfe.
Wenn er in seelischen Nöten und Lähmungen steckt, braucht er psychologische Hilfe.
Je nach Art der Lähmung braucht er spezielle Betreuung (Paarberatung, Beratung in der Kindererziehung, bei Depressionen etc.)

Sie deckten das Dach ab
d.h. sie überwinden alle Probleme, die sich ihnen in den Weg stellen. Sie trotzen sogar den gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Gewohnheiten. (denn wer deckt schon ein Dach ab, wenn er ins Haus will?)

Die Helfer wollen den Gelähmten zu Jesus bringen, weil sie wissen, dass Jesus seine Krankheit heilen kann.
Im weiteren Sinne kann das auch heißen: zur Kirche bringen. Denn hier reden wir über unseren Glauben und vertrauen auf die Verheißung Jesu, der sagt:
ich bin der Herr, dein Arzt.
Gelebter, lebendiger Glaube ermöglicht neue Perspektiven, bettet ein in ein Netzwerk von Menschen, die Gott lieben und ihren Nächsten wie sich selbst und gibt Heimat in der Gemeinschaft der Glaubenden.
Jesus sagt ja auch bei vielen Heilungen: „Dein Glaube hat dir geholfen.“

Noch sagen wir wahrscheinlich auch so wie die Schriftgelehrten damals:
„Solches haben wir noch nie gesehen“.

Bei aller Berücksichtigung des geschichtlichen Wandels, den wir nicht zurückdrehen können, sehe ich heute eine Fehlentwicklung, der wir um des Evangeliums willen, um Jesu willen entgegen treten müssen: die immer stärker werdende Individualisierung unserer Gesellschaft.
Mit Sprichwörtern versuchen wir das auch noch zu untermauern, indem wir sagen: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“ oder: Jeder muss selbst wissen, was er braucht.
Die Toleranz, das Lebenskonzept, den Glauben des anderen stehen zu lassen, wird gerne mit Gleichgültigkeit verwechselt.
Eine gefährliche Verwechslung.

Wir Menschen wurden von Gott als Gemeinschaftswesen geschaffen. Wir sind füreinander begabt. Nur in einem Netzwerk der Gemeinschaft finden wir zu einem erfüllten und glücklichen Leben und bauen im Auftrag Jesu am Reich Gottes, in dem Gerechtigkeit und Frieden zu ihrer Vollendung kommen.

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