Über unsere Pfarrgemeinde

Unsere Kirche ist nach dem Schwedenkönig Gustav II Adolf benannt, ebenso wie mehrere Kirchen in Deutschland, Polen und Schweden. In Östereich finden man noch in LeobenLinz und Wien je eine Gustav-Adolf-Kirche. Das Gustav-Adolf-Werk e.V., gegründet 1832, ist das älteste evangelische Hilfswerk in Deutschland und das Diaspora-Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Es hat seinen Sitz in Leipzig und trägt den Namen von Gustav II. Adolf, König von Schweden. Der ursprüngliche Name war Gustav-Adolf-Stiftung.Das Gustav-Adolf-Werk hilft religiösen Minderheiten – wie den Evangelischen in Österreich – in der Welt. Partner des Gustav-Adolf-Werkes sind protestantische Minderheitskirchen in Europa, Lateinamerika und Zentralasien. Unterstützend wirkt das Werk beim Gemeindeaufbau, bei der Renovierung, beim Kauf und beim Neubau von Kirchen und Gemeinderäumen, bei sozialdiakonischen und missionarischen Aufgaben in den Gemeinden, bei der Aus- und Weiterbildung von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern u.a.

Am 15. Oktober 1923 gab der Oberkirchenrat in Wien die Genehmigung zur Errichtung einer eigenen Evangelischen Pfarre Voitsberg. Am 1. November fand im Köflacher Gasthaus Paulinz (später Glaser, heute ein Chinarestaurant) die Gründungsversammlung einer kirchlichen Körperschaft statt. Man billigte die Umschreibung der Stainzer Predigtstation als Predigtstation. Am 28. Dezember kam die Bestätigung von Wien – mit Wirkung vom 1. Jänner 1924 war Voitsberg selbstständige Pfarrgemeinde. Sie zählte mit diesem Stichtag 420 Seelen. Die Amtseinführung von Pfarrer Perner mußte im Voitsberger Kinosaal stattfinden; „einem unwürdigen Raum“, wie sich Senior Spannuth später erinnert. Nachhaltig wurde der Bau einer eigenen Kirche gefordert und vorbereitet. Das Grundstück in der Voitsberger Bahnhofstraße – zum Zweck des Kirchbaues – wurde gekauft (rechtsgültig mit 7. April 1927). Im gleichen Jahr kaufte man von der Firma Kranz, die ihren Sitz nun in Graz hatte, den alten Stadtturm, um bis zur Fertigstellung der eigenen Kirche wenigstens dieses Gottesdienst-Raumes (er umfaßte rund 40 Sitzplätze und maximal 30 Stehplätze) sicher sein zu können.

Festlegung des Standortes

Die Pfarrgemeinde besaß aber neben dem Grundstück in der Bahnhofstraße noch eines am Voitsberger Schloßberg. Auf welchem der beiden Gründe sollte nun tatsächlich die Kirche gebaut werden? Dies war die große Frage, ja ein richtiggehender Streit im Jahr 1931. Die Zustände wurden so schlimm, dass Senior Spannuth die bereits gesammelten Gelder der deutschen Gustav-Adolf-Kinderliebesgabe (die im Jubiläumsjahr 1932 besonders hoch ausfielen, nämlich S 44.659,52) und für Voitsberg bestimmt waren, kurzerhand sperren ließ. Im Folgenden legten sich die Wogen ein wenig und nach reiflicher Überlegung entschied sich das Presbyterium nun doch für den Bauplatz in der Bahnhofstraße. Vor allem für ältere und gehbehinderte Leute ist er leichter erreichbar als die Lage auf halber Höhe des Schlossberges. Außerdem verringerten sich sowohl Anlieferung, wie auch Baukosten in einer ebenen Lage. Und Geld war damals knapp! -Trotz der 1935 nun endlich überwiesenen Gustav-Adolf-Gelder besaß die Gemeinde keine 100.000 Schilling, was auch für die damaligen Verhältnisse zum Bauen zu wenig war.

Grundsteinlegung

Am 29. September 1935 erfolgte endlich die feierliche Grundsteinlegung durch Senior Spannuth – unter großer Beteiligung der Gemeinde. Die Festpredigt hielt Pfarrer Vespermann aus Graz. Man hatte zur musikalischen Umrahmung auch den deutsch-evangelischen Gesangsverein aus Graz eingeladen. Kurator Dietrich bemerkte dazu später in einem Bericht: Bemerkenswert war, dass man hören konnte, wie schön diese Lieder klingen können, wenn sie ordentlich gesungen werden! – Aus heutiger Sicht ebenfalls bemerkenswert war die Tatsache, dass man auch dem katholischen Kreisdechanten Richteritsch eine Einladung schickte. Er kam dann zwar nicht persönlich, schickte aber einen herzlichen brieflichen Gruß, in dem er schreibt, die Einladung wäre für ihn „ein persönlicher Freundschaftsbeweis und eine aufrichtige Versicherung, dass die beiden christlichen Bekenntnisse in der heute dreifach erschwerten Arbeit um das ewige Heil der Menschen friedlich nebeneinander arbeiten wollen“.

Starker Zuwachs an Gemeindegliedern

Gleichzeitig aber gab es auf einem ganz anderen Gebiet eine unerwartete Entwicklung, die dem Verhältnis der beiden Kirchen zueinander nicht eben zuträglich war. Der österreichische Ständestaat unter der Regierung Dollfuß verbitterte vor allem die Arbeiterschaft auf das schwerste. Die politischen Wirren des 1933-er und 34-er Jahres sind ja allgemein bekannt. Doch wegen der engen Verbindung von Dollfuß zum Klerus richtete sich der Volkszorn in den Industrievierteln bald auch gegen die katholische Kirche. Hunderte von Arbeiterfamilien traten damals aus der r.k. Kirche aus! – Ob ihr nachfolgender Eintritt in die evangelische Kirche dann tatsächlich aus innerer Überzeugung geschah – oder eher aus politischer Opportunität (Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn man sich als konfessionslos bezeichnete) das mag dahingestellt bleiben. Tatsache ist jedenfalls, dass in diesen Jahren 201 Menschen Aufnahme in der evangelischen Pfarrgemeinde Voitsberg fanden! Damit wurde die Gemeinde Voitsberg innerhalb kürzester Zeit von einer liberal-nationalbürgerlich strukturierten Gemeinschaft überwiegend zu einer Arbeitergemeinde. Auch in diesem Licht besehen, dürfte es kein Zufall sein, dass nach dem früheren Kurator (einem Gerichtsrat) nun ein Mann der Industrie auf den Kuratorsessel gewählt wurde. Auch im Presbyterium wurden eben die gesellschaftlichen Veränderungen bald spürbar. Es blieb jedoch erstaunlicherweise ein verhältnismäßig friedliches und harmonisches Miteinander von verschiedenen Gesellschaftsschichten. Offensichtlich war und ist man sich an dieser Stelle doch bewusst, dass die Einheit in Christus höher steht als die weltlichen (und weltanschaulichen) Unterschiede.

Kirchenbau

Wie fast alle evangelischen Kirchen Österreichs aus jener Zeit wurde auch die Voitsberger Kirche so gebaut, dass Pfarrhaus und Kirche einen geschlossenen Gebäudekomplex bilden: Der Stiegenaufgang zur Orgelempore und zum Glockenturm ist gleichzeitig der Aufgang zur Wohnung des Pfarrers. Die Pläne stammen von Architekt Viktor Hietzgern (Graz); die Bauausführung lag in den Händen von Baumeister Hönel (ebenfalls Graz). Im Inneren der Kirche beherrscht das große Altarfresko des akademischen Malers Ernst Hönig von Hönigsberg (Graz) den Gesamteindruck. Es stellt im Stile plakativer, naiver Malerei das Leben Jesu dar: in mehreren Szenen von der Geburt bis zur Kreuzigung. Rechts im Hintergrund ist auch der brennende Tempel von Jerusalem zu sehen. Ob es sich hier um den prophetischen Blick des Malers handelte, der die brennenden Synagogen der Reichskristallnacht von 1938 bereits vorwegnahm? Dieser Teil des Altarbildes wird in den 2010er Jahren einigen Anstoß erregen und schließlich 2014 zur Enthüllung einer Gedenktafel durch Bischof Michael Bünker führen. – So weit bekannt ist, handelt es sich bei diesem Fresko um das letzte größere Werk dieses Malers, der im Krieg verschollen ist. Von seiner Hand stammt übrigens auch das Altarfresko der Judenburger evangelischen Kirche. In Voitsberg standen ihm einige Gemeindeglieder Modell. Das Bild – es wurde 1981 restauriert – steht heute unter Denkmalschutz.

Älteste „evangelische Glocke“ der Steiermark

Da der ganze Bau ohne die Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereines niemals zustande gekommen wäre, entschloss man sich zum Namen „Gustav-Adolf-Kirche“. Auf einer Versammlung des GAV in Kassel (1936) wurde noch ein weiterer Gabentisch für Voitsberg bereitgestellt, mit Abendmahlgeräten und Paramenten. Nicht bekannt ist die Geschichte der Glocke. Sie trägt die Inschrift „Magdeburg 1780“ und dürfte somit die älteste Glocke einer evangelischen Kirche in der Steiermark sein. Sicher ist auch sie eine Gabe des Gustav-Adolf-Vereins. Aber wie ist sie nach Voitsberg gekommen? – Sie ist jedenfalls auch heute noch im Einsatz. Am 27. September 1936 fand die feierliche Einweihung durch Superintendent Heinzelmann statt – bei strömendem Regen, wie in der „Weststeirischen Volkszeitung“ in der darauffolgenden Woche zu lesen war. Um 16 Uhr hielt Pfarrer Kock zunächst eine Abschiedsansprache beim alten Stadtturm, dann zog der Festzug (Zeitungsmeldungen sprechen von rund 1.000 Personen, darunter 16 Pfarrer – doch das dürfte wohl leicht übertrieben sein) zur neuen Kirche. Die Festpredigt dort hielt jener Pfarrer Roehling vom GAV Leipzig, der als junger Vikar von Graz aus den ersten evangelischen Gottesdienst in Voitsberg gehalten hatte. Ein großer Tag im Leben der Gemeinde! Abschließend noch zwei Ereignisse aus der „jüngeren“ Geschichte unserer Gemeinde, die enger zusammenhängen, als man meinen könnte: Ein schwerer Schlag für die Gemeinde war das Hochwasser des Jahres 1973, das die Kirche überschwemmte, dessen Auswirkungen bis zur Fußbodensanierung 2009/10 nochmals spürbar (und diese kostenmäßig erhöhend) waren. Die Entwicklung der Gemeinde war in all den Jahren analog der allgemeinen kirchlichen Entwicklung. Heute leben rund 800 Evenaglische um Gemendegebiet. Von 1997 bis 2015 hatten wir drei Pfarrerinnen in unserer Gemeinde, seit 1. September 2015 ist Robert Eberhardt also der erste Pfarrer nach 18 Jahren weiblicher Dominanz (auch das Presbyterium war jahrelang rein weiblich besetzt).