Jahreslosung 2022
Predigt zur Jahreslosung 2022:
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. (Johannes 6,37)
Wir haben gestern die Tür aufgemacht zum neuen Jahr 2022. Das ist natürlich eine symbolische Tür und nicht eine Holztür mit einem Drücker und einem Schloss.
Wir gehen täglich durch so viele Türen, dass uns das Besondere daran gar mehr auffällt. Deutlich wird das, wenn wir vor einer neuen Tür stehen und noch nicht wissen, was sich dahinter verbirgt. Ob es die Tür zum Kinderzimmer ist – an die erinnere ich mich noch sehr genau, war oft mit zwiespältigen Gefühlen begleitet, weil ich nie wusste, in welchem Zustand ich das Kinderzimmer vorfinden werde. Meistens konnte ich nicht viele Schritte drin gehen, ohne auf Spielzeug zu treten. Das kennen wir wohl alle.
Es gibt viele solcher Türerlebnisse.
Türen können trennen und schützen,
sie können aber auch neue Möglichkeiten eröffnen. Wenn eine Tür aufgeht, erweitert sich der Horizont.
Jesus knüpft immer wieder an solche Erfahrungen an.
In den Selbstdarstellungen Jesu im Johannes-Evangelium sagt Jesus von sich selbst: Ich bin die Tür.
In der Offb. Verwendet er das Bild umgekehrt und bezeichnet unser Herz als Metapher für eine Tür, wenn er sagt: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hört und auftut, zu dem werde ich eingehen und Wohnung bei ihm nehmen.
Auf dem Bild unserer Jahreslosung steht auch eine Tür im Mittelpunkt: eine weit geöffnete Tür, durch die wir einen kleinen Ausschnitt sehen, was uns hinter der Tür erwartet: ein heller warmer Raum, Licht durchflutet,
erinnert mich an eine weitere Selbstdarstellung Jesu, wo er sagt: Ich bin das Licht der Welt. Wer zu mir kommt, der wird nicht mehr im Dunkeln leben, sondern das Licht des Lebens haben.
Mit dem Zusammenhang mit der Jahreslosung wollte die Künstlerin, Stephanie Bahlinger, mit dem hellen Raum hinter der Tür die Gegenwart Gottes darstellen und stellt sich das hell, licht, warm und freundlich vor.
Die Tür ist nicht verschlossen, sondern sperrangelweit offen. Wenn ich mich dieser Türe nähere, erwarte ich kein Hindernis. Ich darf eintreten.
Wenn ich vorher erst geprüft werden müsste, wäre die Tür nicht so weit offen, sondern eher geschlossen oder angelehnt, oder mit einem Sperrband versehen.
Nein, sie ist offen.
Die Einladung steht, die Jesus ausgesprochen hat:
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Was erwartet uns hinter dieser Tür?
Ein Tisch, und auf dem Tisch liegt ein Laib Brot und ein Glas Wein.
Wieder erinnert mich das an die Selbstdarstellungen Jesu. Er sagte: Ich bin das Brot des Lebens.
Ich bin der Weinstock.
Brot und Wein – das erinnert uns auch an das Abendmahl, der innigsten Gemeinschaft mit Christus, die er am Gründonnerstag vor seiner Kreuzigung gestiftet hat.
Dabei kann Brot auch als Symbol für den Alltag stehen, und Wein als Symbol für das Feiern, den Festtag. Brot und Wein als die Elemente für Alltag und Lebensfreude.
Warum ist die Tür offen?
Wer hat sie aufgemacht?
Und: bleibt sie offen?
Was ist wenn sie zufällt.
Das kennen wir ja auch: da kommt ein Windzug und die Tür klescht zu.
Blöd ist es nur, wenn es die Eingangstür ist und der Schlüssel in der Wohnung ist.
Könnte das bei dieser Tür auch passieren?
Nicht hinter der Tür, sondern auf der herübernen Seite hängt ein Schlüssel, ein goldener Schlüssel in Form eines Kreuzes.
Und es sieht so aus: selbst wenn die Tür durch den Wind zuknallt, kann sie nicht ins Schloss fallen, denn das Kreuz steht dazwischen und hält die Tür auf.
Nun sind mir beim Betrachten des Bildes der Phantasie keine Grenzen gesetzt.
Wenn die tür zufällt, sehe ich nicht, ob auf der anderen Seite ein Drücker oder ein Knauf ist.
Und wenn die Tür zufällt, kann es ja auch sein, dass durch den Luftzug der Schlüssel nach links baumelt und die Tür dann doch ins Schloss fallen kann.
Selbst für diesen Fall ist hier vorgesorgt, denn der Schlüssel ist auf meiner Seite,
und selbst wenn auf der anderen Seite ein Knauf ist, kann ich die Tür mit dem Schlüssel wieder öffnen.
Das Kreuz ist der Schlüssel für die offene Tür zu Gott.
Das Kreuz Jesu Christi verhindert, dass die Tür zu Gott unüberwindbar verschlossen bleibt.
Doch: Wo ist dieser Ort? Wo ist dieser helle Raum mit der offenen Tür?
Hier sehe ich 2 mögliche Antworten.
Zum einen ist es die Himmelspforte, die Tür zur Ewigkeit, durch die wir gehen, wenn wir uns von dieser Erde verabschieden.
Dort werden wir dann im Reich Gottes am himmlischen Festmahl teilnehmen, auch angedeutet durch Brot und Wein.
Zum anderen wäschst das Reich Gottes schon hier auf Erden, klein wie ein Senfkorn wächst es auf und wie ein Sauerteig durchzieht es unsere Welt und unser Leben.
Der helle Raum kann auch ein Symbol sein für jeden Augenblick, in dem wir uns von Gottes Liebe anrühren und prägen lassen und seine Liebe und sein Licht weiter geben.
Die Tür zur Liebe,
die Tür zum Frieden,
die Tür zur Gerechtigkeit
steht uns jederzeit offen,
wir wissen aber auch aus Erfahrung, dass das viele Menschen nicht interessiert, und viele finden diesen Raum und diese offene Tür nicht.
Darum hat uns Christus als seine Nachfolger dazu berufen, Hinweisschilder zu sein für diesen wunderschönen, hellen und warmen Raum in der Gegenwart Gottes.
Wir erwarten keinen Türsteher, keinen Bodyguard, der uns erst nach einer gültigen Eintrittskarte fragt.
Jeder ist eingeladen, die Tür steht für jeden offen.
Die Einladung gilt jedem Menschen, egal welcher Hautfarbe, Rasse oder Konfession.
Die Zusage Gottes gilt uns besonders jetzt am Beginn des neuen Jahres: Meine Tür steht dir jederzeit offen.
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
So gehen wir mutig und voll Vertrauen durch die Tür des neuen Jahres und hoffen, dass wir in diesem Jahr viele Augenblicke erleben, die sich wie ein heller, warmer und licht durchfluteter Raum anfühlen.